Montag, 22. August 2011

Vor einem Jahr: Die Ohnmacht der Mächtigen


Unser Redaktionstagebuch

Rückblick: Die Flut 2010 - Ein Kommentar zur Ohnmacht der Mächtigen

Das wird ein heißer Tag - als wir uns mit der Kamera auf dem Weg nach Zittau machen, ahnen wir nur, dass es ein besonderer Nachmittag werden könnte: Der sächsische Ministerpräsident hat sich angekündigt und die Hochwasseropfer wollen demonstrieren.

Aufwärmprogramm für den MP bei der Industrie- und Handelskammer: Er soll ein Grußwort sprechen - hier punktet der geschmeidige Erfolgspolitiker - die Sicherheitskräfte reagieren aber spürbar gereizt - wir wollen unsere Kameratasche vor dem Eingang postieren: "Hier bleibt die nicht stehen..." - mein Kameramann wirkt genervt: "Dann nehme ich sie mit in den Tagungsraum..." - die Sicherheit dreht auf: "Das geht ja gleich gar nicht..." - ich schalte mich ein und sage dem angespannten Beamten, dass ich mich um die Tasche kümmere... - vor der Damentoilette darf ich Sie abstellen. Wirtschaftstreffen sind eben meist reine Männerveranstaltungen... - da wird sich die Gefahr an diesem Ort wohl auch in Grenzen halten.

Wir fahren zum Marktplatz - dort wollen sich gegen 17.00 Uhr die Demonstranten versammeln - wir hatten mit mehr Teilnehmern gerechnet, vielleicht auch darauf gehofft - o.k. die ca. 200 Demonstranten veranstalten trotzdem ein gewaltiges Pfeifkonzert als Tillich zu ihnen sprechen will - immerhin,  er will zu Ihnen sprechen - doch seine Botschaft bleibt blass, bürokratisch - ohne Emotionen. Der Volkszorn ist gewaltig...- Tillich scheint ihm nicht gewachsen zu sein. Als der Druck zu groß wird, tritt er ab...!

Bis dahin hatte Tillich alles richtig gemacht, er sprach mit den Verfassern eines offenen Briefes aus Großschönau, er ging zu den Demonstranten und scheute nicht die Auseinandersetzung, aber als er einfach nur zuhören sollte, die Menschen ernst nehmen, da trat er ab - ein kapitaler PR-Fehler, von einem gellenden Pfeifkonzert begleitet.

Und er hat den Platz anderen überlassen, z.B. der NPD-Stadträtin Hiekisch, die populistisch ihre Forderungen in das Mikrofon schrie - ein überforderter Moderator überschüttete die Stadträtin mit Lob - entweder er wußte nicht, wer da gerade zu den Demonstranten sprach oder es war wohlfein einkalkuliert - ich bin mir nicht sicher, was schlimmer ist.

Die NPD scheint wohl kalkuliert aus der Not der Leute ihr Kapital zu schlagen: In einer Oberlausitzer Kleingemeinde rückte jüngst ein Kleinbus aus Leipzig mit wohlgenährten Männern an, die einen ganz Tag in einer Firma anpackten und bei der Beseitigung der schlimmsten Schäden halfen, wortlos bis zum Schluß - am Ende gab`s das obligatorische NPD-Flugblatt - die Firma war dankbar und zweifelte an allem bisher Gedachten.

Das Augusthochwasser ist keine nationale Katastrophe - aber eine Regionale - die Staatskrise, die jetzt folgt ist keine Nationale, aber eine Regionale. Menschen in unserer Region haben alles verloren, auch den Glauben an den Freistaat - jegliches Vertrauen ist mit der Flut weggespült worden.

Und dann fällt mir nur noch ein Liedtext des deutschen Liedermachers Konstantin Wecker ein: "Freunde rücken wir zusammen, denn es zügeln schon die Flammen und die Dummheit macht sich wieder einmal breit. Lasst uns miteinander reden und umarmen wir jetzt jeden, der uns braucht in dieser bitterkalten Zeit."

Seid umarmt.


Ein Kommentar von Uwe Tschirner.

Peuker (SPD) contra Meyer (CDU)


Peuker (SPD) contra Meyer (CDU)

Unser Redaktionstagebuch zur Auseinandersetzung des Großschönauer Bürgermeisters mit dem CDU-Landtagsabgeordneten Stefan Meyer

Fakt ist, die Politikmüdigkeit ist deutschlandweit unendlich groß. Mit diesem Kommentar wird das wahrscheinlich auch nicht besser, aber ab und zu glauben auch wir, etwas dagegen tun zu können - z.B., wenn wir über Hintergründe berichten: Was ist heute passiert?


Die Pestalozzi-Grundschule, die Integrative Kindertagesstätte KINDERLAND und das Deutsches Damast- und Frottiermuseum Großschönau konnten mit dem kreativen Projekt "Textiles erleben – früher und heute" den Sonderpreis des Sächsischen Staatsministerium für Kultus und Sport im Wettbewerb "LernStadtMuseum in Sachsen - Schüler entdecken Museen" in die Oberlausitz holen. Wir freuen uns.


Und doch wollte Großschönaus Bürgermeister, Frank Peuker, den Preis zurückgeben - und das liest sich so:
"Guten Morgen Herr Meyer, über Ihre Mail und die freundlichen Glückwünsche kann ich mich leider nicht wirklich freuen. Im Gegenteil, Ihre Pressemitteilung löst einige Irritationen aus. Bisher war ich ganz fest davon überzeugt, dass der Sonderpreis auf Grund des hohen Engagement der Beteiligten aus den genannten Institutionen einschließlich des Fördervereins des Deutschen Damast- und Frottiermuseums nach Großschönau gehen soll. Nun könnte der Eindruck entstehen, dass nicht allein das Projekt überzeugt hat. Ich werde diesbezüglich bei der Jury anfragen, ob der Entscheidung sachliche Kriterien zugrunde liegen, oder ob - wie Ihrer Pressemitteilung zu entnehmen - parteipolitischen Erwägungen den Ausschlag gegeben haben könnten. Das wäre für das Projekt und die beteiligten Akteure höchst bedauerlich und gegenüber anderen Bewerbern sehr ungerecht. In diesem Fall müssten wir eine Rückgabe des Sonderpreises in Erwägung ziehen. Mit freundlichen Grüßen Frank Peuker, Bürgermeister."

Und das ist die Pressemitteilung von Stephan Meyer (CDU) - darin heißt es:
CDU-Landtagsabgeordneter Stephan Meyer gratuliert Großschönau zum Sonderpreis im Wettbewerb "LernStadtMuseum in Sachsen - Schüler entdecken Museen"
Die Pestalozzi-Grundschule, die Integrative Kindertagesstätte KINDERLAND und das Deutsches Damast- und Frottiermuseum Großschönau konnten mit dem kreativen Projekt "Textiles erleben – früher und heute" den Sonderpreis des Sächsischen Staatsministerium für Kultus und Sport im Wettbewerb "LernStadtMuseum in Sachsen - Schüler entdecken Museen" in die Oberlausitz holen. Die Jury hat insgesamt zehn Projektteams mit jeweils 500 Euro prämiert...
...Ich freue mich, dass es uns mit Unterstützung meiner Dresdner Kollegin Aline Fiedler MdL, kulturpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, gelungen ist, die Jury zu überzeugen.“, so Stephan Meyer."
Lässt den Schluß zu, das Aline Fiedler (MdL CDU), dafür gesorgt hat, dass Großschönau den Preis erhält.
Das bringt den Großschönauer Bürgermeister auf die Palme - uns übrigens auch... - sieben Mitglieder einer Jury haben entschieden und ein Landtagsabgeordneter der Union verkauft das für seine Partei.

Der Referent des Staatsministeriums bemüht sich am Abend um Schadensbegrenzung:
"Sehr geehrter Herr Bürgermeister Peuker, ich danke Ihnen für die offene Ansprache hinsichtlich der Preisverleihung im Programm "LernStadtMuseum in Sachsen - Schüler entdecken Museen".
Die Jury zur Auswahl der 10 Prämien sowie des "Sonderpreises der Jury" bestand aus sieben Personen. Neben Frau Fiedler waren u. a. auch Herr Dr. Gerstenberg, kulturpolitischer Sprecher der Landtagsfraktion DIE GRÜNEN, die Direktorin der Sächsischen Landesstelle für Museumswesen, Frau Mieth, das Vorstandsmitglied des Arbeitskreises Museumspädagogik Ostdeutschland, Frau Dr. Marx, oder Frau Prof. Dr. Weiß von der HTWK Leipzig beteiligt. Ich darf Ihnen versichern, dass die Auswahl absolut sachorientiert und anhand gemeinsam diskutierter Kriterien stattfand."

Uns wundert gar nichts mehr: In einer Zeit, wo Politiker vor allem Verkäufer sind - steigt das Misstrauen...- und es bleibt ein schaler Beigeschmack...

Meine Mutter hat jüngst einen Staubsauger für 1.300 Euro gekauft - ich habe Ihr gesagt, Sie kann widerrufen... - das hat sie getan.

Bei Politikern geht das frühestens bei der nächsten Landtagswahl im Herbst 2014 - aber vielleicht gilt auch dann wieder der Satz eines selbsternannten Politikexperten: "In der Oberlausitz könnte die CDU auch einen Kartoffelsack aufstellen, er würde trotzdem gewählt!"
Es wird uns nicht wundern...


Ein Kommentar von Uwe Tschirner.